Neuseeland 2019 – Endlich richtig Sommer…

Das Wasser im kleinen, aber rauschenden Bach vor unserem Camper glitzert silbern in der Sonne und es ist warm. Wir frühstücken im T-Shirt, OHNE Fliesspulli – aber leider mit etwa 25 Millionen kleinen stechenden Biestern!!! Christoph macht einen weiteren, erneut erfolglosen Angelversuch, sodass uns wenig hält hier noch länger zu bleiben.

Vor uns liegt erneut eine längere Strecke. Wir wollen entlang der Küste bis nach Greymouth, besser gesagt zu den Pancake Rocks fahren. Robert ist einen Tag länger in Queenstown geblieben, er wird uns irgendwo auf der Strecke einholen.

Bis zur Küste fahren wir nur eine gute halbe Stunde, und schon wieder tauchen wir ein in eine völlig andere Welt. Neuseeland zeigt uns das nächste seiner vielen Gesichter. Es ist warm und sonnig, vor uns liegt ein breiter Strand, teils mit Sand, teils mit Kies und wieder diesen altbekannten runden flachen Steinen.

Alle paar Kilometer passieren wir ein weiteres breites Kies-Flussbett, in einigen rauschen kräftige Ströme ins Meer, andere lassen wieder nur erahnen, welche Wassermassen hier während der Schneeschmelze unterwegs sind.

Am Fox Glacier machen wir Zwischenstation und entschliessen uns zu einer kleiner Wanderung, die uns in etwa einer Stunde deutlich dichter an die Gletscherzunge bringen soll. Schon von unten sehen wir Teile des Gletschers, der, nachdem wir ja bereits eine Weile am sonnigen Strand entlang gefahren sind, fast surreal wirkt: Strand und Gletscher, das geht für so einen Durchschnittseuropäer wie mich noch immer nicht zusammen.

Die kurze Wanderung ist eine schöne Unterbrechung von der Fahrerei, aber sie macht uns beide – wieder einmal – sehr nachdenklich. Denn natürlich ist auch dieser Gletscher in den letzten 100 Jahren massiv abgeschmolzen. Immer wieder stehen am Wegesrand Schilder mit Jahreszahlen, die anzeigen, bis wohin der Gletscher in welchem Jahr noch ging. Und zu sehen, dass gerade die ersten Schilder, also die der letzten Jahre dicht aufeinander folgen, macht uns betroffen.

Dass wir Menschen, die gegen diese Eismassen eigentlich klein und machtlos wirken, so viel anrichten können, ist kein gutes Gefühl. Und natürlich denkt man in einem solchen Moment darüber nach, ob es ok ist, zum Spaß um die halbe Welt zu fliegen. Ist es natürlich eigentlich nicht, aber aufs Reisen möchte ich nicht verzichten. Um so deutlicher versprechen wir uns gegenseitig, in unserem Alltag, noch mehr auf Umweltschutz zu achten. Und ich nehme mir vor, dass dies keine leeren Worte bleiben!

Wir setzen unsere Fahrt fort. Die Weiden unterhalb der Berge werden weniger, stattdessen sehen wir Dünen auf der Wasserseite und undurchdringliches riesiges Buschwerk auf der Landseite. Dieses grüne Dickicht aus unzähligen Pflanzen und Bäumen ist so hoch gewachsen, dass man wahrscheinlich bei Regen darunter durchlaufen könnte und nicht nass werden würde.

Es ist ein bizarres Bild. Im Hintergrund noch immer schneebedeckte Berge, davor tropischer Regenwald und Palmen. Diese Region soll die niederschlagreichste Gegend ganz Neuseelands sein. Heute ist hier einfach nur Sommer :-))

Wir geniessen die Fahrt entlang der Küste, unternehmen unsere üblichen Foto- und Food-Stops. Kommunikation mit der Aussenwelt ist hier schwierig, denn auf gut 100 Kilometer Strecke, gibt es lediglich in den wenigen Ortschaften ein mobiles Netz. Abgesehen von einer Kaffeebude, die auch Snacks verkauft. Und sogar mit „Free WiFi“ wirbt. Keine Ahnung, wie das funktioniert, aber es klappt! Zum Kaffee, den uns ein junges Mädchen aus Magdeburg serviert, die in Neuseeland Work&Travel macht, nutzen wir den Internet-Zugang um mit Robert Kontakt aufzunehmen und uns über den heutigen Übernachtungsplatz abzustimmen.

Die Magdeburgerin bedient vor uns eine chinesische Großfamilie, in der nur eine einzige Frau ein paar Brocken schlecht verständliches Englisch spricht. Sie müht sich redlich, ob die Familie letztendlich jedoch das bekommt, was sie will, wird wohl ewig ein Geheimnis bleiben:-)

Es ist mir ein Rätsel, wie es dieser Nation gelingt, inzwischen um die Welt zu reisen ohne unterzugehen. Die Neuseeländer, die wirklich viele asiatische Touristen empfangen, haben sich auf diese Kundschaft eingestellt. In vielen Geschäften und Restaurants gibt es die Speisekarten auch in chinesischen Schriftzeichen.

Nachdem wir diverse Chinesen in Wohnmobilen und großen SUVs erlebt haben, kann ich alle Neuseeland-Reisenden nur warnen. Im Straßenverkehr sind Asiaten wirklich „die gelbe Gefahr“. Die überwiegende Mehrheit kann weder parken, noch ein solches großdimensioniertes Gefährt so steuern, dass andere ungefährdet auf der Strasse unterwegs sein können. Nur ein paar Beispiele aus drei Wochen in diesem Land: Sie fahren vom Campingplatz, ohne des Wasserschlauch aus dem Tank zu ziehen; sie benötigen drei Parkplätze, weil sie ihr Auto nicht gerade einparken können, selbst wenn sie von einem Landsmann eingewiesen werden, der übrigens ebenfalls anscheinend keinen blassen Schimmer vom Parken hat; sie sind nicht in der Lage Kurven korrekt auszufahren (in Queenstown wurde ich Zeuge, wie ein Chinese mit einem Wohnmobil einen Passanten anfuhr, weil er beim Abbiegen über die Verkehrsinsel in der Mitte der Strasse bretterte). Also, die größte Lebensgefahr verursachen hier nicht wilde Tiere oder herunterfallende Felsen, sondern gut gelaunte Individualreisende aus China. Ob sich meine Beobachtung statistisch beweisen läßt? Keine Ahnung! Jedenfalls ist es auffällig! Und ich bitte darum, diese Äußerung nicht als rassistischen Angriff auf die Chinesen zu verstehen!!! Vielleicht ist der Reisefreiheit chinesische Mittelstand einfach besser aufgehoben in mittelgroßen Fahrzeugen, die sie auch von zuhause kennen.

Neben dem Kaffeewagen haben sich mal wieder zahllose Besucher verewigt. Dieses mal haben sie ihre Namen und gelegentlich auch einen kleinen Spruch auf Steine geschrieben. Diese liegen nun alle auf einem großen Haufen und werden stündlich mehr. Wie oft und ob überhaupt der Haufen abgeräumt oder im Meer versenkt wird, kann mir die Magdeburgerin nicht sagen, vielleicht will sie es aber auch als eine Art Betriebsgeheimnis nicht verraten.

Wir zuckeln die Küste entlang gen Norden. Bei den ersten 25 ausgewaschenen breiten Kiesbetten, in denen mal breite, mal winzigkleine Flüsse ihren Weg ins Meer suchen, rufen wir noch „Oh“ oder „Guck mal“, danach verändern sich die Dialoge. Unser Hörbuch unterbrechen wir mit Bemerkungen, wie „Schon wieder einer…“ oder ähnliches.

Und wir beginnen zu philosophieren, wie unglaublich „ungerecht“ es ist, dass ein einziges Land mit nur ein paar Millionen Einwohnern mit so vielen unterschiedlichen Schönheiten, so vielen unterschiedlichen und einmaligen Landschaften gesegnet ist. Es stimmt, wenn Menschen sagen, „Neuseeland sei die Welt in klein“. Aber vielleicht muss man auch besonders mutig sein, wenn man hier lebt. Die Allgegenwärtigkeit von lebensbedrohlichen Erdbeben, Tsunamis und Vulkanausbrüchen muss man eben auch ertragen.

Unser Platz heute Abend ist ein privat geführter kleinerer Campingplatz. Außer ein paar wenigen Dauercampern, sind vor allem junge Leute auf dem Platz, die die Abendsonne am Strand direkt vor der Tür geniessen. Robert ist nur wenig nach uns angekommen, sodass wir uns gemeinsam mit einem Bier ebenfalls am Strand niederlassen, bevor wir uns über unser Abendessen hermachen. Heute gibts – mal wieder Lamm und Rind – dazu gekochte Linsen, Reis und einen bunten Salat. Auch über die Küche gibt es also keinen Grund zur Beschwerde 🙂

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