Vietnam 2024 – Jetzt geht es los gen Norden – erstes Ziel Sa Pa

Es braucht eine Weile, bis wir Hanoi verlassen haben. Die Stadt ist einfach viel größer als der kleine Teil, den wir bisher gesehen haben. Stadtteile oder ähnliches sind nur schwer erkennbar, nur einmal fahren wir durch ein Gebiet mit zahlreichen Hochhäusern, modernen Shoppingcentern und Bürohäusern, es wirkt wie der farblose Business District einer beliebigen Großstadt. Ansonsten sieht es überall aus, wie wir es aus dem kleinen Teil kennen, den wir uns erschlossen haben. Unzählige kleine Restaurants und Straßenküchen, dazwischen Motorradwerkstätten, Supermärkte, Obsttstände und was man sonst noch so braucht. Seit heute reisen wir nicht mehr allein, Bon begleitet uns als Guide und Fahrer. Er kommt aus dem Norden und wir dürfen ihm ab sofort sieben Tage lang Löcher in den Bauch fragen. Und er ist genau so, wie ich es mir erhofft habe. Er meistert den Verkehr cool, unaufgeregt, und trotzdem zügig, sodass wir sicher sein können, auch irgendwann irgendwo anzukommen (anders als bei unserem Fahrer nach Ha Long 😂).

Nicht lange, nachdem wir Hanoi hinter uns gelassen haben, sieht man die ersten Reisfelder links und rechts der gut ausgebauten Autobahn, genauso wie unendlich viele Gemüse- und Maisfelder. Auf vielen Feldern sehen wir Menschen arbeiten, ganz selten sind dabei Maschinen im Einsatz, das meiste scheint Handarbeit zu sein. Besonders beschwerlich wirkt die Arbeit der Reisbauern. Gerade beginnt die Zeit des Setzens der jungen Sprösslinge und auch wenn es möglicherweise bereits Maschinen für diese Arbeit gibt, hier wird jedes Pflänzchen per Hand gesetzt. Stundenlange körperliche Arbeit in tief gebückter Haltung. Eigentlich muss es hier Rückenpatienten geben, wie Sand am Meer. 😉

An den Rändern der Reisfelder sieht man einen kleinen Bereich mit Folientunneln, wie wir sie aus der Spargelzucht kennen. Bon erklärt uns, dass hier die Reissprößlinge gezogen werden und wir bekommen mal wieder ein Beispiel dafür, wie schwer und undurchdringlich diese Sprache für uns ist: In Vietnam heißen Reissetzlinge mạ, reife Reispflanzen lúa, ungeschälter Reis thóc, geschälter aber roher Reis gạo und gekochter Reis cơm.

Unser erstes Ziel heißt Sa Pa und ist der Vietnams höchstem Berg, dem Fansipan, nächstgelegene Ort. Gerne wären wir auch auf den Gipfel gefahren. Auf 3143 Meter Höhe steht nämlich auch ein beeindruckender Tempel. Daraus wird aber nichts, weil die mehr als sechs Kilometer lange Dreiseilbahn, die einen auf Indochinas Dach bringt, gerade gewartet wird. Danke an unsere österreichischen Freunde von Doppelmayr! Hätte das unbedingt jetzt sein müssen??? Die Bahn hält übrigens gleich zwei Weltrekorde. Es ist die aktuell längste Dreiseilbahn und die, die den weltweit größten Höhenunterschied, nämlich 1400m, überwindet.

Das ist das Entree zur Seilbahn! Da können sich sogar die Nobelskiorte in den Alpen noch was abgucken😊

Eine Wanderung schließen wir aus, da der Aufstieg durch ziemlich unwegsamen Dschungel führt und man 2- 3 Tage braucht. Für ungeübte Wanderer also nicht zu empfehlen, aber die Faszination Fansipan bestimmt das Publikum in Sa Pa.

Auf dem Weg dorthin erfahren wir, Dank Bon, auch etwas, über die große Leidenschaft vietnamesischer Männer: Ganz viele von Ihnen rauchen eine Pfeife aus Bambusrohr. es ist eine Art Wasserpfeife.

Im Inneren des Rohrs ist etwas Wasser. In einem kleinen Bambusrohr, das ins untere Drittel des großen Rohrs eingearbeitet ist, wird ein Knöllchen starker Tabak gedrückt und angezündet, dann am oberen Ende des großen Bambusrohrs kräftig gezogen in dem man den ganzen Mund in das Rohr steckt und saugt. Einer oder maximal zwei tiefe Züge und schon ist das „Vergnügen“ vorbei. Laut Bon ist man sekundenlang kräftig benebelt, dann ist alles wieder normal (ich hoffe, das stimmt😄). Die Pfeifen stehen vor fast jeder Bar und Kneipe und alle benutzen das gleiche Rauchgerät. Bon hat seine eigene Pfeife, das hindert aber auch andere nicht daran, sich an der Raststätte, an der wir eine kurze Kaffeepause machen, seine Pfeife zu schnappen und mal kurz eine „durchzuziehen“. In Covidzeiten muss Rauchen eigentlich ein Super-Spreader-Event gewesen sein.

Wir haben Glück mit dem Wetter, die Sonne scheint, es ziehen nur immer mal Wolken durch und mit knapp 20 Grad ist es warm für die Region. Wir rechnen fest damit, dass es in den nächsten Tagen noch etwas kühler wird. Je näher wir Sa Pa kommen, desto bergiger wird es.

Aus Reisfeldern werden die erste Terrassen. Wir verlassen die Autobahn und sind auf kleineren Landstraßen unterwegs, die sich die wenigen Autos vor allem mit Lastern, unendlichen vielen Zweirädern und Rollern, aber auch Büffeln teilen. Die nämlich werden nicht nur über die Straßen getrieben, sollte irgendwo neben der Straße ein Schlammloch auftauchen, lassen sie sich dort auch gerne mal nieder.

Unser erstes Mittagessen mit Bon nehmen wir in einem kleinen Dorf auf halber Strecke ein. In dieser Region leben gleich mehrere Minderheiten weitgehend einträchtig nebeneinander. Sie zeichnet neben unterschiedlicher Trachten, die auch im Alltag völlig selbstverständlich getragen werden, aus, dass es sehr kleine Menschen sind. So mancher Sechstklässler würde insbesondere die Frauen locker überragen. Die ersten dieser wirklich kleinen Menschen treffen wir bei unserer Mittagsessenspause. Bon hatte uns vorgewarnt, dass sie immer versuchen würden etwas zu verkaufen oder einfach nur zu betteln. So unangenehm das auch ist, bleiben wir auf sein Anraten hin hart und ignorieren den angebotenen Touri-Schnickschnack.

Ich gebe zu, vor der Nahrungsaufnahme während unserer Tour durch den Norden habe ich etwas Angst. Erst echt, nachdem Bon mit breitem Lachen bestätigt, dass hier eigentlich alles gegessen wird. Sowieso fast alles von Hund, Schwein, Büffel und Rind, aber auch Bambusratte, Pferd, manche Insekten, Schlangen und was es noch so alles gibt, Hunde nicht ausgeschlossen.

Er bestellt unser Mittagessen und ich bin so froh, dass er auch Gemüse geordert hat, sodass ich ohne Angst essen kann. Außerdem ist Christoph ein hervorragender Vorkoster, der meinen Geschmack und meine Abneigungen kennt und alles probiert, um mir dann zu sagen, was ich mag und was ich lieber lassen sollte. Das ein oder andere, was in diesem, ausschließlich mit Vietnamesen, vollbesetzten Mittagslokal an den anderen Tischen serviert wird, wäre nicht so ganz meins 😉

Auf dem Rückweg zum Auto werden wir wieder angebettelt. Und es ist mir wieder wirklich unangenehm, ich kann damit nicht gut umgehen. Im Auto angekommen muss ich trotzdem herzhaft lachen. Die kleine Frau, die uns mit Leidensmiene ihre winzige Hand hinhält, trägt eine Fake-Chanel-Bluse. Vielleicht bin ich jetzt unsensibel, aber diese Kombi finde ich wirklich komisch.

Jetzt aber zu Sa Pa. Schon bei der ersten Fahrt durch die kleine Stadt, fühlt man sich wie in einem Skiort. Die Straßen gesäumt von Kneipen, Bars und Hotels, dazwischen ein paar Andenkengeschäfte und diverse Sportgeschäfte, spezialisiert auf Treckingausrüstung. Besonders gerne von Patagonia und Northface und zu Preisen, die im Rest der Welt unmöglich wären. Ob es Original-Produkte sind, die in Vietnam hergestellt oder gutgemachte Plagiate sind, kann ich in diesem Fall nicht beantworten. Die Preise sprechen für Letzteres. Auf den Straßen trifft man, neben vielen feierwütigen Vietnamesen und Chinesen, vor allem junge westliche Rucksacktouristen in Wanderstiefeln. Schließlich ist die Region als Paradies für Wanderer bekannt.

Abends gehen wir erst mit Bon essen, anschliessend bummeln wir zu zweit durch den Ort, in dessen Mitte ein künstlicher See angelegt wurde. Er ist gesäumt von Restaurants und Bars. Aus allen Ecken schallt brüllend laut K-Pop, vietnamesischer Schlager und asiatische Housemusik,es sind vor allem junge Leute unterwegs.

Im Hot Pot-Center kann man nicht nur auf vier eben Fondue essen, sondern auch Tanzen, Karaoke singen und ordentlich feiern

Die ganz Kleinen versammeln sich mit ihren Eltern am Abend auf dem großen bunt beleuchteten Vorplatz vor der Bergbahn. Die Dao, eine der ethnischen Minderheiten, die es in dieser Region besonders viel gibt, lassen dort ihre kleinen Kinder tanzen, in der Hoffnung damit Geld bei den Touristen einzusammeln. Es ist nach 21 Uhr, als wir dort vorbeilaufen und ehrlich gesagt, ist es uns unangenehm die Kleinen dort zum Geld verdienen Tanzen zu sehen, während die Eltern plaudernd drumherum stehen. Es wirkt irgendwie falsch.

Wir kaufen uns ein Netz gewärmte Esskastanien (ich sag doch, Skiortatmosphäre) und bummeln weiter warm angezogen durch den Ort. Zum Abschluß noch, wie fast immer, einen vietnamesischen Kaffee und einen Ingwer-Tee (bestellt ohne Zucker, geliefert mit reichlich davon 😊), dann gehts ins Bett.

Vietnam 2024 – Ist der Ruf erst ruiniert…. Christoph erzählt seine skurrile Tam Coc-Anekdote

Als wir das erste Mal in Vietnam waren, blieben wir unserer Linie treu: wenn möglich trinken wir Wein und Bier aus dem Land und verzichten auf Importe.

Nun sind wir zurück und an diesem Grundsatz hat sich nichts verändert. Tam Coc, unser erster Abend in Vietnam. Das Abendessen haben wir verpasst, also zumindest noch ein Drink an der Bar.

Ich frage nach Rotwein und es wird mir eine wenig vertrauenserweckende Flasche aus Apulien angeboten, mit aufgeklebtem Säbel und zum stolzen Preis von umgerechnet etwa 50.- Euro, für vietnamesische Verhältnisse ein Vermögen. Ich lehne ab und frage nach einem vietnamesischen Wein, ohne Erfolg, allerdings weiss ich zu diesem Zeitpunkt nicht, ob es keinen gibt oder ich schlicht nicht verstanden werde.

Nächster Abend, wir essen heute im Hotelrestaurant. Ich frage den Kellner nach einem vietnamesischen Rotwein, es braucht einen Moment bis er verstanden hat, was ich möchte und zuckelt los. Wenig später kommt er zurück und erklärt mir, der vietnamesische Weißwein sei aus. Ich korrigiere, dass ich nach Rotwein gefragt hätte, er lächelt erleichtert, verschwindet und kommt mit einem Glas Wein zurück. Soweit so gut, denke ich.

Nach dem Essen frage möchte ich die angebrochene Flasche kaufen und mit aufs Zimmer nehmen. Erst ist nicht klar, von welcher Flasche ich spreche, dann wird sie mir irgendwann gebracht und es ist KEIN vietnamesischer, sondern ein chilenischer Wein.

Am nächsten Morgen steht die angebrochene Flasche im Regal des Restaurants und wartet wahrscheinlich noch bis heute auf jemanden, der sich ihrer erbarmt😊

Bis hierin ist es einfach die Geschichte des untauglichen Versuchs, in einem kleinen Hotel eine Flasche lokalen Weins zu kaufen, skurril wird sie am Tag unserer Abreise. Die sehr nette Rezeptionistin, mit der ich mich seit Ankunft gut verstehe, die uns für jeden Ausflug gute Tipps geben konnte und die mit ihrem kindlichen fröhlichen Lachen jeden Gast erfreut, verabschiedet uns herzlich. Es gibt noch ein kleines Bambusgeschenk, dann wünschen wir uns alles Gute, ich versichere ihr noch einmal, dass wir eine gute Zeit im Lalita hatten … und dann mache ich den entscheidenden Fehler, der meinen Ruf in Tam Coc auf Jahrzehnte ruinieren dürfte: ich sage ihr, dass es schön wäre, wenn das Hotel vietnamesischen Rotwein anbieten würde, weil man diesen gut trinken könne. Sie nickt, lacht und begleitet mich zum Auto. Während ich einsteige, wechselt sie ein paar Worte mit dem Fahrer, zwinkert uns zu und streckt den Dauemn in die Höhe. Wir fahren und winken zum Abschied.

Nach wenigen Minuten hält der Fahrer im Dorf an, geht über die Straße in einen der Imbisse, spricht mit dem Personal, erntet Kopfschütteln und geht zum nächsten. Wir verfolgen die Szenen aus dem Auto und Sandra sagt: „der besorgt gerade deinen Rotwein! Auftrag von der Chefin“ und lacht. Ich halte das für ausgeschlossen und bin erleichtert, als der Fahrer mit zwei Wasserflaschen zurückkommt. „Water for you“ sagt er zu mir mir und gibt mir die beiden unterschiedlichen Wasserflaschen. Sandra guckt skeptisch. Nach ein paar Kilometern äußert sie ihren Verdacht. „Irgendwas ist komisch, Christoph, warum holt der Wasser, hier ist doch Wasser im Wagen und warum zwei verschiedenen Flaschen und guck mal, die sind garnicht neu! Der Verschluß war schon mal geöffnet! Ich sag‘s Dir, das ist Schnaps!“ Ich öffnete die Flasche und rieche daran. Sie hat recht, die beiden 0,5l-Flaschen sind randvoll mit Wodka. 😂😂😂 Mein Vorschlag muss irgendwie missverstanden worden sein. Wir schütteln uns aus vor Lachen und das fast bis zur Ankunft in der Halong-Bucht!

Dort angekommen, lassen wir die beiden Flaschen im Wagen zurück, doch unser Fahrer trägt sie mir hinterher und möchte sie bezahlt bekommen. Diesen Wunsch muss ich ihm leider abschlagen, das muss er leider mit der Rezeptionistin klären.

Spoileralarm! Im nächsten Beitrag aus Hanoi gibt es definitiv viele attraktive Frauen! Und das nicht nur, weil sich einer unserer Leser beschwert hat 😉😉😉

Vietnam 2024 – back in good old Hanoi

Es wäre übertrieben, zu behaupten, die Ankunft in Hanoi sei wie nach Hause kommen. Dazu gibt es viel zu viel zu entdecken, zu verstehen, zu begreifen und zu bewältigen, allem voran den komplett absurden Verkehr in dieser Stadt. Aber es ist ein schönes Gefühl, wieder in diese Stadt zu kommen, die uns vor sieben Jahren den „Asien-Einstieg“ so leicht gemacht hat, in der wir die Atmosphäre voller Begeisterung aufsaugen und uns von den Menschen willkommen fühlen.

Wieder wohnen wir mitten in der Altstadt in einer kleineren Straße, in der es (fast) unproblematisch ist, die Straße zu überqueren. Das Golden Lotus Hotel ist uns von Heiko und Ly empfohlen worden, dem sehr netten Paar, das wir vor sieben Jahren als Hotelbesitzer in Hanoi kennengelernt haben und die heute eine Reiseberatung führen, mit der auch wir unsere jetzige Reise geplant haben und die wir sehr empfehlen können (und wollen!)!!! Die beiden sind toll und eine großartige Unterstützung in allen Fragen rund um Vietnam! Also kontaktiert die beiden unbedingt, wenn ihr über Urlaub oder Business in Vietnam nachdenkt: https://www.urlaubvietnam.de

Kaum angekommen, stürzen wir uns ins Getümmel. Unser erstes Ziel ein Optiker (natürlich empfohlen von Heiko), der genau in dem Gebäude sein Geschäft (Anm. des Patienten: ein wenig stylisch und sehr coole unbekannte Soulmusik) hat, in dem früher Heiko und Lys Hotel war. Wir hoffen, dass er entweder Christophs Brille reparieren oder seine Gläser in ein neues Gestell einbauen kann. Lösung B wird es am Ende, allerdings nicht in diesem Geschäft, sondern nach einem kurzen Gang um die nächsten Straßenecke in Begleutung des jungen Optikers im Brillengeschäft des Vaters. Das ist weniger schick und deutlich kleiner, aber er hat das Gestell, das zu Christophs Gläsern passt.

Dieses Problem ist also gelöst 🙂

Deutlich schwieriger gestaltet sich an unserem ersten Abend die Suche nach einem Restaurant. Heiko und Ly hatten uns tolle Tipps gegeben, wir waren aber in einer anderen Ecke unterwegs und wollten dort etwas finden. Nun gibts es in Hanoi definitiv ein absolutes Überangebot an Essen, deshalb mutet es sicher etwas absurd an, wenn ich schreibe, dass wir Schwierigkeiten haben, ein Restaurant zu finden, aber genau dieses Riesenangebot ist das Problem. Wonach geht man? Wie unterscheidet man Qualität von Touristtraps? Normalerweise hilft mir dabei regelmäßig Tripadvisor. In diesem Fall eine echte Schnapsidee. Denn beide, sehr gut bewertete Restaurants, die ich mir in der Gegend ausgeguckt habe, existieren nicht mehr. Wir laufen durch den Nieselregen, sind hungrig und etwas frustriert. Aber auch in Vietnam hat COVID deutlich Spuren hinterlassen und so lassen wir das besser mit dem selbst Restaurant suchen und kommen zurück auf Heikos Vorschläge, die mal wieder hervorragend sind! Also, wenn ihr Tripadvisor nutzen wollt, schaut euch unbedingt an von wann die letzten Bewertungen sind. Das hilft! 🙂

Dieses deutsche Restaurant haben wir nicht besucht, aber mal kurz reingeguckt…

Unsere zweite Herausforderung begegnet uns in der ersten Nacht in unserem Zimmer. Christoph ist schon eingeschlafen, ich schreibe noch eine kurzen Moment und versuche dann unser Deckenlicht zu löschen. Im Zimmer befinden sich an unterschiedlichen Stellen insgesamt 8 Lichtschalter, alle schalten auch irgendwas, aber keins das große Deckenlicht. ich versuche, ob es mit Kombinationen von zwei Schaltern funktioniert, alles ohne Erfolg. Schließlich wecke ich Christoph, auch er scheitert am Auffinden des passenden Schalters, hilft uns aber letztlich damit, einfach die Birne herauszudrehen.

Am nächsten Tag schildere ich der Rezeption das Problem, beide jungen Hotelangestellten lächeln wissend und versprechen uns später zu zeigen, wie es funktioniert. Also doch ein Trick. Denken wir. Als am späten Nachmittag der Rezeptionist mit auf unser Zimmer kommt, ist auch er zunächst ratlos. Auch er findet keinen passenden Schalter, muss letztlich mit seiner Kollegin telefonieren, die im ebenfalls zunächst die falschen Tipps gibt. Dann irgendwann die Erleuchtung! Der Schalter befindet sich mitten an der Wand hinter unserem Bett und war versteckt hinter den aufgestellten Kissen. Anscheinend hatten hier mal Einzelbetten gestanden. Wieder ein Geheimnis gelüftet 🙂

Zwei andere Fragezeichen können wir während unseres Aufenthalts nicht lösen.

Mitten im French Quarter, einem sehr schönen Stadtteil am Ufer des Hoàn Kiém-Sees (gegenüber der Altstadt) steht an einer Parkanlage ein olivgrüner Militärlaster – soweit nichts ganz Besonderes – dieser aber ist verkabelt. Womit und wozu? Keine Ahnung, aber es sieht irgendwie lustig aus.

Unseren zweiten vollen Tag in Vietnam verbringen wir mit klassischem Sightseeing. Den Vormittag widmen wir „Onkel Ho“. Ein Besuch im Ho-Chi-Minh-Mausoleum ist von der ersten bis zur letzten Minute genauestens durchgetaktet. Am Eingang zum weitläufigen Gelände geht es erst durch eine Sicherheitskontrolle, wie am Flughafen, dabei wird vor allem geschaut, dass man keine Kamera mitnimmt. Anschließend bekommt man eine kräftige rote Kunststofftasche, in die man seine Kamera legt. Mit dieser geht man an einen Schalter. Dort gibt man die Kameratasche ab und bekommt dafür eine Gepäckmarke und man bekommt eine zweite Tasche, etwas größer und dunkelblau, in der man dann auch seinen Rucksack abgibt. Handys (auch mit Kamera) darf man übrigens behalten, aber nicht benutzen. Dann stellt man sich, gemeinsam mit anderen Wartenden, in Zweierreihen auf und wird dann als Block eingereiht in den ebenfalls in Zweierreihen vorbeiziehenden Besucherstrom, der andere Eingänge verwendet hat. So marschiert man im Gänsemarsch bis zum Mausoleum – gestoppt wird nur bei Wachwechseln – und durch das Mausoleum hindurch, vorbei am gläsernen Sarg des in Vietnam bis heute sehr verehrten Revolutionärs. Stehenbleiben, gerade vor dem Sarg ist nicht erwünscht. Ob es darum geht, keinen Stau zu produzieren oder nicht so ganz genau hinschauen zu können, wird nicht klar. Jedenfalls ist Ho-Chi-Minh wirklich gut erhalten dafür, dass er schon so lange dort aufgebahrt liegt. Einmal im Jahr soll der Leichnam übrigens nach Russland geschickt und dort „überarbeitet“ werden. (Keine Ahnung, wie man das korrekt nennt, jedenfalls kennen sich die Russen wohl mit langfristig Einbalsamierten besonders gut aus.)

Die Kamera bekommen wir direkt hinter dem Mausoleum wieder, anders als den Rucksack, den gibts erst beim Verlassen des Geländes zurück. Anschließend begeben wir uns auf den Rundgang durch den Park des Präsidentenpalastes (dem ehemaligen Sitz des französischen Präfekten), der bis heute vor allem für Staatsbesuche genutzt wird. Ho-Chi-Minh hat dort nie gelebt.

Er hat es vorgezogen einige Jahre in einem kleinen schlichten Gebäude im Park zu leben, bis er in ein Holzhaus auf Stelzen am Fischteich, ebenfalls im Park der Residenz, gezogen ist.

Beide Häuser können besichtigt werden und es scheint zum vietnamesischen Schülerleben unbedingt dazuzugehören, dies mindestens einmal im Laufe der Schulzeit zu machen. Jedenfalls begegnen uns Schulkinder, ordentlich herausgeputzt in Klassenstärke. Gemeinsam mit ihnen und tausenden anderer Besucher, vietnamesische und internationale, spazieren wir durch den wirklich schön angelegten Park. Wo man auch hinhört, überall schnappt man Gesprächsfetzen auf, in denen es vor allem darum geht, was dieser Ho-Chi-Minh wohl für ein Mensch gewesen sein muss. Man kann sich der Faszination für diesen anscheinend sehr bescheidenen Mann nur sehr schwer entziehen.

Übrigens, auf dem Weg zum Mausoleum passieren wir auch einen Platz mit einer großen Lenin-Statue. Dieser wird vor allem von Skateboardern genutzt. Einen so lässigen Umgang mit den kommunistischen „Heroen“ hab ich selten gesehen 😊

Einer unserer Leser hat sich beschwert über den Mangel an attraktiven Frauen in diesem Blog. Das ändert sich jetzt radikal und damit bin ich beim zweiten ungelösten Rätsel. Auf unserer Sightseeing-Tour besuchen wir diverse touristische Hotspots. Eine Station ist die alte Kaiserzitadelle in unmittelbarere Nähe des Mausoleums, hier sind einige ältere Gebäude, aber auch Ausgrabungsfunde aus der 1000-jährigen Geschichte Vietnams zu besichtigen, sowie der unterirdische, als einfaches Haus getarnte Bunker des Politbüros während des Krieges gegen die Amerikaner. Beides liegt auf dem gleichen Gelände in einem hübsch angelegten Park

Mittendrin eine Gruppe junger Vietnamesinnen, die hier anscheinend ein Musikvideo produzieren und sich auch durch uns nicht stören lassen.

Außerdem besuchen wir den berühmten Literaturtempel mit seinen uralten buddhistischen Pagoden.

Und an beiden Plätzen begegnen uns hunderte von jungen Frauen, die sich in traditionellen vietnamesischen Kostümen „verkleiden“ (in der Zitadelle kann man diese Kleider sogar leihen) und sich gegenseitig oder sogar von einem Profi fotografieren lassen. Dazu tragen sie, teilweise viel zu große, hochhackige Schuhe, bringen extra Haarreifen und Blumensträuße mit und sind mit großem Ernst dabei. Eine absolut skurrile Szenerie, für die ich bisher noch keine Erklärung gefunden habe. Keine Ahnung, ob sie einfach Spaß am Fotografieren haben, ob das der Standard für das vietnamesische Parship oder Tinder ist, oder ob man rund um den Jahreswechsel Fotos für die Neujahrskarte macht???? Keine Ahnung, aber es sind so viele, dass man kaum noch die Chance hatte, diese wichtigsten kulturellen Orte wahrzunehmen. Übrigens, unter den Fotografierten sind auch einige wenige junge Männer in traditionellen Kostümen, Paare und auch ein paar ältere Frauen. Ich bin jedenfalls so fasziniert, dass ich viele von Ihnen fotografieren musste und euch hier nur eine kleine Auswahl präsentiere.

Einen schönen und irgendwie typischen Moment erleben wir direkt am Seeufer. Aus einem kleinen Ghettoblaster hören wir Musik und entdecken eine Gruppe, meist etwas älterer Frauen, die in der sanften Sonne am heiligten Tag miteinander tanzen. Bei uns fast unvollstellbar, hier völlig normal.

Vietnam 2024 – Licht und Schatten in der Ha Long Bucht

Ich frage mich gerade, ob die gute alte Weisheit womöglich doch gilt, dass man Dinge, die man als besonders schön erlebt hat, nicht wiederholen sollte.

Bei unserer letzten (und ersten) Vietnamreise vor 7 Jahren hatten uns Mona und Marlon einen 3-Tage/2-Nächte-Trip auf einem kleinen Schiff, nur für uns zwei alleine, eben nicht in der Ha Long, sondern in der Bai Tu Long-Bucht, geschenkt. Weil es dort „weniger crowded“ sei, sagten die Kinder. Heute muss ich Ihnen zu 100% recht geben, dort ist es sogar deutlich weniger „crowded“!

Wie auch immer, weil es damals so schon war, wollten wir das gerne noch einmal machen. Unser Schiff von damals war bereits ausgebucht und ein anderes in der Bai Tu Long Bucht konnte ich nicht finden. Deshalb haben wir uns für einen Anbieter in der Ha Long Bucht entschieden. Emeraude Cruises heißt die Firma und man kann nur sagen, die fünf (!) Männer hier an Bord lesen uns wirklich jeden Wunsch von den Augen ab, die Kabine ist toll, das Essen lecker,das Schiffchen ist zwar in die Jahre gekommen, man sieht es ihm aber nur von außen an, kurz es könnte eigentlich nicht besser sein.

Aber eben nur eigentlich, denn an einem Fakt kommt man nicht vorbei: der Ha Long-Bucht wird zu viel zugemutet. Zu viele Schiffe, teils mit 50 Kabinen, zu viel Musik, weil insbesondere die größeren Schiffe abends Karaoke-Parties veranstalten, zu viel Müll, weil es noch immer zu wenig Bewußtsein für die gigantische Besonderheit dieses Fleckchens Erde gibt, nicht bei einigen Touristen und auch wohl nicht bei einigen Einheimischen. Andere haben dies anscheinend erkannt. Denn inzwischen ist die Zahl der Schiffe hier auf 500 begrenzt worden. Wer ein neues zu Wasser lässt, muss ein altes dafür entsorgen oder woanders hin verkaufen. Auch ist Ein-Weg-Plastik inzwischen auf den Schiffen verboten, kontrolliert wird es aber unserer Beobachtung nach nicht. Und auch die Ankerplätze sind inzwischen strenger kontrolliert, was sicher Sinn macht, aber das einsame Erlebnis irgendwo zwischen den einzelnen Inseln zu ankern unmöglich macht.

All das sind bitter notwendige Maßnahmen, die den schwierigen Spagat versuchen zwischen den touristischen und geschäftlichen Interessen einerseits und den Ansprüchen an ein UNESCO-Weltnaturerbe andererseits. Dieser Massentourismus in eines der sieben Naturweltwunder schafft Tausende von Arbeitsplätzen, sichert vielen Familien das Einkommen und ist eines der wichtigsten Argumente für viele Touristen, überhaupt nach Vietnam zu reisen, aber wenn es so weitergeht, ist die Schönheit der Ha Long-Bucht irgendwann Geschichte.

Besonders erschreckt hat mich, dass unser Guide uns heute erzählte, dass derzeit „nur wenige Boote“ unterwegs seien. Der Tourismus habe sich nach Covid noch „nicht wieder erholt“. Ich mag mir garnicht vorstellen, wie es vor Covid war!

Heute besuchen wir eine kleine Insel, die praktisch ausgehöhlt ist. Drum Cave nennt sich diese „Höhle“. Man steigt ein paar Stufen hinauf und steht in einem „Saal“, von oben ragen Stalagtiten in den riesigen, nach zweiten Seiten offenen Raum. In den Grund wurde ein hölzerner Boden eingebaut, in einer Ecke steht eine dunkle Holzbar. Und gleich daneben türmen sich 50 Stühle, Tische, Kochgerätschaften, Plastikeimer und reichlich weiteres Zeug. Vor Covid wurden hier Lunchs und Dinners für Schiffsgäste veranstaltet, aber der Unternehmer hat aufgegeben. Was bleibt ist ein riesiger Haufen Müll, für den sich niemand zuständig fühlt. Müssten nicht wenigsten solche Sünden einfach von irgendwem bereinigt werden?

Ein anderes Beispiel. Heute besuchen wir eine kleine Insel mit einem hübschen Strand. Mal kurz baden, lautet das Angebot, das ich ablehne (wer mich kennt, weiß, dass 21 Grad Wassertemperatur für mich keine Option sind 🙂). Als wir ankommen, sind sechs Touristen mit dem Kajak dort und gerade auf dem Rückweg zu unseren Booten. Wir sind also alleine. Es ist eigentlich wunderschön, doch was einem sofort ins Auge sticht: Am höchsten Ort des Strands liegt ein Riesenhaufen Müll. Im ersten Moment denke ich noch „Guck mal, hier wird der Müll zusammengesammelt und sicher ganz bald abgeholt“, bis ich entdecke, dass der Müll vor allem aus aufgerissenen schwarzen Müllsäcken besteht. Hier wurde also mal Müll eingesammelt, aber leider nie abgeholt. Am Ende der Bucht ist eine große Einkerbung in den Felsen. Groß genug um mit 15 Menschen darin zu stehen. Doch das wird niemand tun, denn der ganze „Schacht“ ist voll mit Müll, das Meer hat die Ölkanister sogar nach oben auf die Gesteinsvorsprünge gespült. Warum kommen nicht wenigstens die, die vom Tourismus hier leben, auf die Idee, solche Schandflecken zu beseitigen??? Vielleicht sollte man die ganze Bucht für zwei Jahre sperren, und alle die auf den Booten arbeiten, gut bezahlen für das Großreinemachen. Bis man die knapp 2000 Inseln vom gröbsten Mist befreit hat, wird man diese Zeit benötigen.

Ich will überhaupt keine flammenden Reden halten und eine Lösung habe ich auch nicht, aber ich würde diesen Ort einfach so gerne gerettet sehen. Ganz naiv…..einfach gerettet.

Unsere Konsequenz ist klar. Wenn wir nochmal nach Vietnam kommen sollten, wird die Ha Long-Bucht nicht auf unserer Reiseroute stehen, aber vielleicht schauen wir noch einmal bei der kleinen Schwester Bai Tu Long vorbei?

Und wir werden immer dankbar sein, dass uns die Kinder diesen ersten Trip damals ermöglicht haben, denn er bleibt unvergessen.

Soviel zum „Schatten“, aber natürlich hat unser Ausflug auch ganz viel „Licht“.

Nicht umsonst ist die Halong-Bucht Welt-Naturerbe.

Wahrscheinlich nirgendwo sonst gibt aus auf so engem Raum so viele Höhlen. Und auch wenn wir in den vergangenen Tagen schon einigen besucht haben, so läßt doch die Faszination für diese Wunderwerke der Natur nicht nach. Jahrhundertelang haben sich Bildhauer in aller Welt damit herumgeschlagen fließende Stoffe abzubilden, die Natur macht es einfach. Wunderschön und wie von Zauberhand. Gut, es dauert Generationen, bis eine Höhle so aussieht, wie wir sie jetzt besuchen können, aber wie toll, dass wir das erleben dürfen.

Wenn Mensch und Natur aufeinandertreffen, erleben wir an einem anderen Ort der Halong-Bucht. Wir besuchen eine Pearlfarm, die Technik, mit der hier wunderschöne Zuchtperlen entstehen, ist ganz spannend. Für die, die wie ich, nicht wußten, wie das funktioniert, hier die laienhafte Erklärung. Erst läßt man die Austern bis zu einer bestimmten Größe wachsen, dann wird eine feine Membran, die die Muschel verschließt, von Hand entfernt und in kleine Stücke geteilt, anschließend wird eine kleine Perlmutkugel ins Innere der Auster eingesetzt und wieder mit den kleinen Membranteilen verschlossen. Dann läßt man die Austern (und damit die Perlen) in einer Art Korb wachsen. Bis die Perlen „geerntet“ werden vergehen 5 bis 8 Jahre. Und weil die Vietnamesen geschäftstüchtig sind, können die Ergebnisse ihrer Zucht auch gleich in einem schwimmenden Shop erworben werden.

Genau diese Geschäftstüchtigkeit kommt aber auch uns, vor allem Christoph zugute. Auf der Pearlfarm bricht plötzlich sein Brillenbügel ab, was bleibt, ist so etwas wie ein doppeltes Monokel. Eine Ersatzbrille hat er nicht dabei, insofern ist dies für noch zwei Wochen Reise keine befriedigende Lösung. Sofort bemühen sich unser Guide Minh und unser Kapitän um Hilfe. Beide bemühen sich erfolglos um Klebstoff und so verlassen wir die Pearlfarm in der Überzeugung, frühestens in Hanoi etwas an dem Zustand von Christophs Brille ändern zu können. Weit gefehlt! Auf dem Heimweg zu unserem Schiff steuert unser Kapitän auf eine Gruppe von Fischerbooten zu und wir fragen uns, warum ausgerechnet Fischer Klebstoff haben sollten.

Bis wir begreifen, dass sie alle Halt machen an einem etwas größeren Boot, einem schwimmenden Supermarkt, in dem es alles erdenkliche gibt, eben auch Klebstoff. Zurück auf unserem Schiff ist die ganze Crew mit Christophs Brille beschäftigt, Klebstoff alleine funktioniert nicht, und so wird der Brillenbügel mit feinen Zahnstochern verstärkt. Weil das Metall zu glatt ist, wird die Konstruktion mit etwas Blumenerde oder Kaffeepulver ergänzt. Am Ende ist die Konstruktion zwar filigran, aber sie hält und Christoph hat – zumindest bis Hanoi – wieder eine Brille.

Für den Abend, unseren zweiten und letzten an Bord, hat Minh eine kleine Party mit der Crew angekündigt. Doch erst ruft unser Koch zur Fortbildung. Gemeinsam mit ihm rollen wir Frühlingsrollen mit Hühnchen und Krabbenfleisch. Außerdem gibt er uns einen kleinen Einblick in die Kunst des Food-Carvings. Christoph stellt sich dabei besonders clever an, ihm kommt eindeutig seine Routine mit kleinen scharfen Messern zugute. Am Ende lassen unsere Kreationen erkennen, dass es Blumen sind, von der Kunstfertigkeit unseres Kochs sind wir aber meilenweit entfernt.

Nach einem Sundowner werden wir freundlich aber bestimmt in unsere Kabine geschickt und nach kurzer Zeit zurückgeholt aufs Sonnendeck. Der Tisch ist verschwunden, stattdessen liegt auf dem Boden eine große quadratische Tischdecke, in der MItte dampft ein Hotpot und rundherum ist fast die gesamte Fläche ausgefüllt mit Tellern voller verschiedener Fleischsorten, Gemüseplatten, Fischbällchen, Crevetten, Tofu, Soßen und natürlich unsere selbstgerollten und inzwischen frittierten Frülingsrollen. Rundherum sitzt unsere gesamte Crew und strahlt uns voller Vorfreude auf das Essen an. Dazu wird selbstgebrannter Reiswein angeboten und bei eigentlich jedem Schluck angestoßen. Auf das Schiff, auf unsere Reise, auf die Freundschaft, auf die Familie, das Glück und sogar auf das 7:1 gegen Brasilien und auf Beckenbauer. Es wird ein lustiger, leckerer und feuchtfröhlicher Abend, auch wenn wir beide am Schneidersitz scheitern und irgendwie etwas verdreht auf den Boden sitzen und hoffen, dass es unsere Knie und Rücken in dieser Position aushalten, bis die Tafel aufgehoben wird. Aber der Muskelkater ist programmiert 😊. Am Ende ist fast alles aufgegessen und wir sind alle mehr als satt. Beendet wird der Abend mit einem weiteren Versuch Tintenfische zu angeln und diesmal ist er von Erfolg gekrönt. Zwei „Squids“ ziehen die Jungs aus dem Wasser, bevor wir ins Bett gehen.

Am Morgen bleibt uns noch Zeit für ein ausführliches Frühstück, bevor wir unsere Sachen packen und zurückkehren in den Hafen von Halong, wo bereits unser Fahrer warten. Der gleiche, wie auf der Hinfahrt und damit der Mann, mit den Christoph eine wirklich skurrile Geschichte erleben durfte 😆, aber die muss er euch selbst erzählen.

Vietnam 2024 – Keine wilden Tiere, dafür aber echter Regen-Regenwald

Unser heutiges Ziel ist Cuc Phuong, Vietnams ältester Nationalpark. Eingerichtet wurde er 1962, also mitten im Vietnamkrieg. Erstaunlich, dass man hier in so einer Situation auf die Idee kommt, einen Park zum Schutz von Natur und Tierwelt einzurichten: Man kann es aus heutiger Sicht kaum glauben: Artenschutz war ein spinnertes Ansinnen für fast die gesamte Menschheit, der Club of Rome für fast alle ein Depressiventreffen, „Welterbe“ noch kein Marketinginstrument für Tourismus in Vietnam, und der kommunistische Norden Vietnams hatte mehr Probleme vor sich als hinter sich – aber man hatte einen Sinn für die Gefährdung, den Erhalt und den Genuss eines besonders schönen Stückes Natur in einem Land, das davon soviel hat – Respekt für Onkelchen Ho.

Cuc Phuong ist rund 50 Kilometer von Tam Coc entfernt, man ist also ein Weilchen unterwegs. Die Karstlandschaft mit ihren grün bewachsenen Kegeln endet abrupt, stattdessen führt unsere Fahrt vor allem durch Reisanbaugebiete. Ein Feld neben dem anderen, dazwischen immer wieder Friedhöfe. Mitten im Reisfeld, in kleine Mauern eingefasste, imposante letzte Ruhestätten mit mindestens einem, häufig aber auch mehreren Schreinen, aufwendig verziert und aus dunkelgrauem Stein. Entlang der Straße sehen wir immer wieder Steinmetzbetriebe, die anscheinend nichts anderes herstellen als diese Grabstätten, und auch an den Landstraßen liegen plötzlich und unvermittelt große graue zugeschnittene Steinplatten, teilweise bereits verziert, als sei der hier beschäftige Steinmetz nur mal kurz ums Eck gegangen.

Am Haupteingang des Nationalparks kaufen wir unsere Tickets für einen echten Spottpreis. Umgerechnet 8 Euro pro Person zahlen wir für Parkbesuch und die drei Rescue-Stationen, die sich ebenfalls auf dem Gelände befinden. Auf einer schmalen Teerstraße, auf der wir nur ein Auto treffen, geht es 20 Kilometer weit ins Parkinnere. Auf dem Weg immer wieder Hinweisschilder, die zu „Ancient Trees“ führen. Vielleicht später?

Die meisten Bereiche des Parks kann und darf man zu Fuß erschließen, nur wer deutlich tiefer hinein will, ist auf einen Guide angewiesen, dort im Nordwesten soll es vereinzelt asiatische Schwarzbären und Nebelparder geben.

Wir entscheiden uns für eine rund 2,5-stündige Rundwanderung durch den tropischen Regenwald. Ich fühle mich im ersten Moment erinnert ans Vallee de Mai auf den Seychellen. Es ist beeindruckend, wie viele verschiedene Grüntöne und Formen die Natur zustande kriegt, vom hellen Grasgrün bis zum fast bräunlichen Dunkelgrün ist alles dabei. Und wieder umhüllt uns dieser feine Nebel. Alles erscheint wie durch einen dünnen Schleier, das Licht bricht fahl, der Nebel taucht alle Farben in Pastell. Es ist mild, nicht warm, aber gut erträglich, um den nicht ganz mühelosen Aufstieg zu bewältigen, auch wenn die Luftfeuchtigkeit extrem und die Haut dadurch fast nass erscheint.

Besonders beeindruckend und hier ganz anders, als wir es bisher kennen, sind die extrem hohen und kräftigen Bäume und so begrenzt sich das undurchsichtige Dickicht auf den Bodenbereich; wenn nach oben oder in die Ferne schaut, kann man überraschend weit gucken.

Einem der sogenannten „Ancient Trees“ begegnen wir auf unserer Tour. Um ihn zu umfassen bräuchte es mindestens eine Großfamilie. Er ist mehrere hundert Jahre alt und wirkt nicht nur „unkaputtbar“ und mächtig, sondern irgendwie auch „weise“. Wieder einmal fällt uns auf, wie klein wir Menschen doch sind, zumindest verglichen mit dem, was uns umgibt und was wir mehr oder weniger verantwortungsbewußt „beherrschen“.

Obwohl wir das ein oder andere Mal leise über unseren aktuellen Fitness-Zustand fluchen, genießen wir diesen Ausflug in diese wilde Schönheit der Natur.

Einzig unsere Hoffnung, Tiere zu sehen, wird enttäuscht. Wie wir später erfahren, ist es sehr schwer Languren in der freien Wildbahn zu entdecken und bei einem Spaziergang, bei dem man sich, wenn auch leise, unterhält, praktisch unmöglich. Wir können das Pfeifen, Zwitschern, Kreischen, Gurren und „Tuten“ der unterschiedlichsten Vögel hören, doch die Höhe der Bäume verhindert, das wir sie auch sehen. Und so bleiben uns als tierische Erfahrungen bis dahin Christophs flüchtige Begegnung mit einer Art Eichhörnchen, zwei Pfaue auf dem Dach des Rangergebäudes und ein großer unbekannter Käfer auf dem Boden des Parkcafés.

Wobei, eine Begegnung mit Tieren hatte ich doch, unfreiwillig und etwas eklig. Irgendwo auf unser Tour haben mich zwei Viecher „in Beschlag genommen“. Und als ich bei einer kurzen Pause mir den vermeintlichen Matsch vom Fußgelenk wischen will und mich erstmal nur wundere warum dieser aussieht und sich auch anfühlt wie eine kleine Nacktschnecke, wird mir beim Versuch ihn abzuwischen plötzlich klar, was das da an meinem Fuß ist: Blutegel! Ich quietsche einmal kurz hysterisch und reiß mir die Mistviecher dann von der Haut. Zurück bleiben zwei blutende Löcher, ein schmerzhaftes Gefühl und dann auch noch der Schreck. Der Weg zurück ist deshalb weniger entspannt für mich. Ständig überprüfe ich, ob auch wirklich nirgendwo an meinem Körper weitere Egel sitzen. Und das mir, wo ich sowieso mit krabbelndem und kriechendem Viechzeug deutlich weniger entspannt bin als Christoph.

Unsere nächste Station ist das „Endangered Primate Rescue Center“ in der Nähe des Parkeingangs. Vor ziemlich genau 30 Jahren wurde das Center gegründet und seitdem intensiv von den Zoos in Frankfurt und seit kurzem auch Leipzig unterstützt. Praktisch alle Affenarten in Vietnam sind massiv gefährdet. Noch immer werden sie für traditionelle Medizin gejagt und teilweise auch schlicht gegessen. Das ist zwar strikt verboten, findet aber weiterhin statt und so bemüht sich das Zentrum, neben der Rettung der Tiere vor allem um Erziehung und Aufklärung. Außerdem züchten sie die verschiedenen Affenarten, um sie zu erhalten und auszuwildern. Letzteres ist besonders schwierig bei Tieren, die als Haustiere in Gefangenschaft gehalten wurden. Sie können sich weder selbst Nahrung besorgen, noch sich „affenartig“ fortbewegen, also von Ast zu Ast schwingen, klettern oder ähnliches. Einige dieser Primaten können leider nie wieder ausgewildert werden.

Alle Gehege sind sauber und gepflegt, trotzdem tut es weh, diese Tiere hinter Maschendrahtzaun statt in der Natur zu sehen. Zum Rescue-Center gehört auch ein eingezäuntes Waldstück, in dem die Affen zwar weiter betreut und überwacht werden können, nicht aber in Käfigen eingesperrt sein müssen. Wer es dorthin schafft, hat auch eine Chance auf baldige Auswilderung und so lassen wir uns besonders viel Zeit, den Languren und Gibbons hier zuzusehen. Bitter, das solche Rettungszentren noch immer notwendig sind und gut, dass es sie gibt (falls noch jemand eine Charity-„Geldanlage“ braucht, man kann für das EPRC auch spenden oder Patenschaften übernehmen http://www.eprc.asia)

Die zwei weiteren Rescuecenter für Schildkröten einerseits und Pangoline und Hundeartige andererseits in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Primaten können wir aus Zeitgründen nicht mehr besuchen, weshalb für Christoph schon jetzt klar ist, dass wir wiederkommen müssen 🙂

Nach diesem langen Tag an der frischen Luft und mit reichlich Gekraxel ist die Müdigkeit und der Hunger groß, sodass wir uns zu einem frühen Abendessen in Tam Coc entschließen.

Dank Tripadvisor haben wir eine Restaurantempfehlung für das Hoang Cuisine Restaurant, das zwar nicht besonders „Cosima“, aber lecker sein soll – beides stimmt! Da es aber bei Tripadvisor nicht nur aufgeführt, sondern auch bestens bewertet ist, sind wir nicht die einzigen europäischen Touristen, die sich hier einfinden. Rund um uns herum ein lustiges Sprachengewirr, Französisch, Englisch, Spanisch und direkt neben uns zwei junge deutsche Backpackerinnen, die sich anscheinend erst kurz zuvor kennen gelernt haben.

(SPOILERALARM!!!! Christophs Lieblingsanekdote für Januar mindestens!!) Ihr Gespräch ist so engagiert und dementsprechend laut, dass ich wirklich keine Chance habe, nicht mitzuhören. Irgendwann erzählt die eine der anderen, dass es in Vietnam üblich sei, dass Kinder und Jugendliche Touristen ansprechen würden, um ihr Englisch zu trainieren. „Stimmt.“, denke ich und erinnere mich an unsere letzte Vietnamreise. Und dann erzählt sie ihrer Mitreisenden, dass sie sich deshalb auf diese Begegnung vorbereitet hätte, in dem sie einen kurzen Vortrag zu Vegetarismus und dazu auch einen Vokabelzettel vorbereitet hätte. Ich kann mich kaum halten vor Lachen und denke an die Kinder, die wir auf unserer letzten Reise getroffen haben. Wie hätten die gestaunt, wenn ich ihnen erst einen Vortrag und dann einen Vokabelzettel unter die Nase gehalten hätte. 😂😂😂😂

Vietnam 2024 – Wieder was gelernt oder „Sowas kommt von sowas“ auf vietnamesisch

Eigentlich wollen wir nach unserer Bootstour nur kurz im Ort eine Kleinigkeit essen und trinken gehen, aber weil wir schon mal da sind und es gerade mal nicht regnet, entschließen wir uns noch zu einem Kurzbesuch im örtlichen Tempel.

Die Bich Dong Pagode liegt am Ende einer kurzen Stichstraße. Über eine steinerne Brücke, eingerahmt von zwei großen Teichen, führt der Weg zu einem ersten, an den Fels angelehnten, Torbogen, dahinter sind es nur ein paar Schritte bis zum zweiten Torbogen, dann steht man im Innenhof der Anlage, die sich einfügt in den wuchtigen Felskegel im Hintergrund.

Bevor wir überhaupt die Pagoden besuchen, stolpern wir über eine umfangreiche Plakatsammlung, die die Fronten der seitlichen Gebäude ziert. Es sind Benimmregeln, oder besser Moralregeln, die hier niedergeschrieben und aufwendig illustriert wurden und die auf ganz besondere Weise zeigen, wie Sozialismus und praktizierter Buddhismus zusammenpassen. Wer mal den Weihnachtsmann zur Durchsetzung elterlicher Vorstellungen missbraucht hat, muss sich nicht mehr so schlecht fühlen, wenn er das gesehen hat. Hier ein paar Beispiele, die uns besonders beeindruckt haben – Die Illustrationen der Gesetzmäßigkeiten von Ursache und Wirkung 🙂 (Lest euch unbedingt die einzelnen Texte durch!!!) (Anm. Chr.: Ich war begeistert, wollte gar nicht mehr weg…)

Die eigentlichen Tempel sind nicht minder beeindruckend. Der größte liegt nur ein paar Stufen oberhalb des Innenhofs, ist wie immer aufwendig dekoriert, die blattgoldbelegten Götter-Skulpturen schauen mal böse, mal milde hinunter auf die Gaben der Gläubigen.

Oberhalb davon steht der zweite Tempel, etwas kleiner, aber nicht weniger liebevoll gepflegt und hervorragend erhalten. Das besondere an dieser Pagode ist aber der dritte Tempel. Um diesen zu erreichen muss man eine ordentliche Anzahl von Stufen hinaufklettern. „Angeklebt“ an den großen Felsen liegt das kleine Gebäude uneinsehbar vom Innenhof. Von hier oben hat man einen tollen Blick und jemand, der wie Christoph in Idar-Oberstein geboren ist, hat natürlich sofort nur eine Assoziation: die Felsenkirche. Hier also steht die Felsenkirche von Tam Coc.

Danach steigen wir noch eine Treppe seitlich der Pagoden hinauf und freuen uns zum Abschluss dieses ereignisreichen Tages über den grandiosen Blick auf eine kleine versteckte Idylle zwischen Felsen und Reisfeldern

Apropos Reisfelder, sollte sich jemand wundern, warum in unserem Blog bisher kein einziges Reisfeld aufgetaucht ist, hier die Erklärung. Von Reis ist in dieser Jahreszeit nichts zu sehen, auf manchen Feldern wird gearbeitet, sie sehen aber allesamt aus, wie ein Stückchen Wattenmeer im November, also nicht wirklich sehenswert.

Wir beschließen unseren Abend mit einer kleinen Radtour zum bei Tripadvisor zu recht empfohlenen Restaurant „Chez Loan“. Die redselige nette Wirtin erzählt uns in einem nur schwer verständlichen Mix aus Englisch, Französisch und Vietnamesisch von ihrer 10-jährigen Beziehung zu einem Mann aus Rumänien, dessen Liebe wohl vor allem durch den Magen ging. Verständlich, denn der vietnamesische Hotpot, der und serviert wurde, war wirklich lecker 🙂

Vietnam 2024 – ein Fahrer mit Gottvertrauen und ein atemberaubend schöner Touri-Hotspot (ja, das gibt‘s!)

Heute fahren wir nach Trang An. Ein freundlicher Fahrer holt uns am Hotel ab und einmal mehr schwanken wir zwischen Atemanhalten und bewunderndem Respekt. Dieser Mann bleibt bis zu unserem Ziel nicht einmal stehen. Er fährt, egal was von von vorne, von der Seite oder von hinten kommt. Mit dem größtmöglichen Selbstvertrauen nähert er sich den Hindernissen und ist anscheinend fest davon überzeugt, dass sich diese in Luft aufgelöst haben, wenn er sie erreicht. Das gelingt zwar nicht immer, trotzdem kommt er irgendwie immer durch und das fast ohne Bremsen, definitiv ohne anzuhalten.

Nach Trang An fahren wir, weil dies der beste Ausgangsort für eine Bootstour durch die sogenannte „trockene Halongbucht“ sein soll. Im Hotel hat man uns den Tipp oder besser dringenden Rat gegeben, nicht zu spät loszufahren, denn ab Mittag würde es voll, wenn die Tagestouristen aus Hanoi kämen. Auch wenn im Moment nicht wirklich viele Touristen in der Gegend sind, solche Hinweise beherzigen wir und sind um kurz nach 10 am Ziel.

Was uns dort erwartet, hätten wir nicht mal geahnt. Mitten in der Pampa ein riesiger aus Holz gebauter Gebäudekomplex mit Cafés, Restaurants, Souvenirshops und diversen Ticketschaltern, überall wuseln Menschen herum, Touristen wie Beschäftigte und umgeben wird das Ganze von einem gigantischen Parkplatz. Umdrehen ist keine Option, aber unsere Vorfreude auf den heutigen Ausflug sinkt.

Wir sollen Tour Nummer Drei buchen, so die Ansage unseres Hotels, aber nicht mal das ist ein unkomplizierter Vorgang, denn am Ticketschalter gibt es Combo 1 bis 12. Immer sind es Kombinationen aus verschiedenen Stationen und wir sind uns unsicher, ob wir das wirklich wollen. Combo 3 beinhaltet die Tour zu einem Golfplatz. Spätestens jetzt wissen wir beide, dass entweder die Empfehlung Unsinn ist oder wir am falschen Schalter stehen. Letzteres erweist sich als richtig. Am Nachbarschalter werden einfach nur Bootstickets verkauft. Ein Ticket für alle Touren, die Entscheidung für Tour 1,2,3 trifft man direkt am Bootssteg.

Um dort hinzukommen, quert man die Landstraße, indem man durch eine Unterführung nutzt. Diese ist nicht nur an beiden Enden mit metergroßen Bildschirmen ausgestattet, auf den junge Damen in vietnamesischen Trachten tanzen, es dröhnt auch brüllend laut vietnamesische Schlagermusik durch den mit Lampions geschmückten Gang. Unser beider Assoziation: „Disney World“ für chinesische Touristen. Worauf lassen wir uns hier ein. Auf der anderen Straßenseite angekommen, wieder Gastronomie, ein Schmuckgeschäft, etwas, das sich Galerie nennt. Dann ein überdachter Einlassbereich in den Bereich der Bootsabfahrten mit durch Holzgitter abgetrennten Spuren und einem Drehkreuz samt Ticketscanner am Ende. Der blinkt auch pflichtschuldigst, unsere QR-Codes werden trotzdem nicht gescannt, stattdessen werden die Papierkärtchen ganz altmodisch eingerissen. Wenn Vietnam auf Disney trifft, denken wir und freuen uns, dass die Perfektion hier doch noch ihre Lücken hat.

Dann aber funktioniert wieder alles wie am Schnürchen. Freundliche „Einweiser“ fragen uns nach unserer Tournummer. Wir antworten brav „Nummer Drei“ und finden uns wenige Minuten später wieder in einem flachen Metallruderboot, gemeinsam mit einem französischen jungen Paar, das die gleiche Wahl getroffen hat. An Bord noch schnell Schwimmwesten anziehen, dann geht es los, um uns herum 20, vielleicht 30 andere Boote. es wird gelacht, laut gerufen, die Ruderinnen halten, während sie mit kurzen Schlägen die Kähne erstaunlich schnell fortbewegen, noch ein Schwätzchen unter Kolleginnen und wir wissen noch immer nicht, worauf wir uns hier eingelassen haben. Und wir fragen uns, warum wir so zeitig losfahren sollten, denn leer ist es hier wirklich nicht.

Nach wenigen hundert Metern biegen die ersten Boote ab, kurz danach folgt der zweite Schwung und nimmt einen Linksabieger. Und plötzlich wird es ruhig. Der Tross der Boote hat sich auseinandergezogen, die Stimmen werden leiser, die Felswände um uns herum höher. Man hört nur noch die, mit gedämpfter Stimme geführten, Gespräche auf dem eigenen Boot und das beruhigende Platschen der Ruder auf dem glatten Wasser.

Christoph kann sich nicht entscheiden, ob er eher einen Saurier oder den Riesenaffen Kong hinter der nächsten Flußbiegung erwarten soll. Alles wirkt so friedlich, wie in der Anfangsszene von Jurassic-Park.

Es ist schlicht und einfach atemberaubend schön, und das, obwohl der Himmel voller tiefer grauer Wolken hängt und es immer mal wieder leise vor sich hin nieselt.

Noch am Morgen hatte unser Hotelier gesagt, es sei besser bei diesem Wetter nach Trang An zu fahren als bei Sonnenschein, es sei „schöner“! Jetzt verstehen wir, was er meinte, denn nur bei diesem Wetter hängt der Nebel mystisch zwischen den Hügeln und verbreitet diese ganz besondere Atmosphäre. Auch während es beim Einstieg in die Boote noch frisch war, ist es jetzt auf den verschlungenen Wasserwegen durch das Naturschutzgebiet plötzlich warm und windstill.

Eine willkommene Abwechslung bieten die insgesamt drei Höhlen, die wir durchfahren und die Tempel, die hier irgendwo ins Nirgendwo gebaut wurden.

Für Klaustrophobiker sind die Höhlen, die mit dem Boot durchfahren werden nichts, denn an vielen Stellen müssen wir den Kopf kräftig einziehen um unbeschadet hindurchzugleiten, obwohl unsere Bootsführerin mit schlafwandlerischer Sicherheit jede „Klippe“ bestmöglich umfährt.

Erst an den Tempelanlagen merkt man wieder deutlich, dass man nicht alleine an diesem so besonderen Fleckchen Erde unterwegs ist. Und mir wird mal wieder klar, dass ich deutlich zu wenig über den Buddhismus weiß und so kann ich mir die Tempel nur anschauen, ihre Pracht und ihre teils lustigen Gottesgaben bewundern (auf einem Altar standen neben Pomelos, einem Teller voller Geld und eingeschweißten Keksen auch Bierdosen 🙂 ), kann aber die Abbildungen nicht verstehen und die Symbole nicht einordnen. Das muss ich irgendwann mal ändern, wenn ich auch weiterhin in solche Länder reisen will.

Besonders überrascht sind wir in der zweiten Tempelanlage. dort haben sich einige Chinesen zum Gebet niedergelassen, es wird leise getrommelt und mit einer Art Klangschale ziemlich enervierendes „Geläute“ erzeugt. Soweit, so interessant, wirklich überrascht bin ich, als ich sehe, dass eine der Gläubigen mit Zigarette im Mundwinkel im Tempel auf dem Boden sitzt. Christoph würde sagen „Hier geht alles“.

Nach drei Stunden sind wir zurück am Ausgangspunkt unserer Tour und hier, auf der vom Start nicht einsehbaren Rückseite, wird das ganze Ausmaß dieser touristischen Attraktion deutlich. Geparkte Boote soweit das Auge reicht! Wir mögen uns nicht vorstellen, was hier auf dem Wasser los ist, zur Mittagszeit, an einem Tag in der Hochsaison.

So froh wir sind, dass wir das nicht erleben müssen, so froh sind wir auch, dass wir uns von dem ersten Trubel nicht haben abschrecken lassen. Dieses wunderschöne und einzigartige Gebiet ist völlig zurecht Welt-Natur- UND Kulturerbe. Dass es so viele Menschen sehen und im wahrsten Sinne „erfahren“ wollen, ist gut nachvollziehbar.

Was man klein an der anderen Uferseite sieht, sind alles weitere Boote!!!

Fahren ist ein gutes Stichwort, denn unser freundlicher Fahrer wartet bereits auf uns, um uns zurück zu bringen, und wieder hält er nicht einmal, bis wir im Hof unseres Hotels ankommen.

Damit war unser zweiter Urlaubstag noch nicht zuende, aber davon später mehr 🙂

Vietnam 2024 – Was wäre ein Leben ohne Tickets, ohne warmen Regen und vor allem ohne unzählige Vögel?

Dass es in der Gegend um Nimh Binh häufig neblig ist, wussten wir. Das es heute schon früh morgens wie aus Eimern schüttet, hatten wir nicht erwartet und es wäre auch nicht nötig gewesen. Aber was soll‘s! An unserer Freude hier zu sein, ändert das nichts.

Mit ein bißchen Jetlag in den Knochen geht es zum Frühstück und damit zur ersten vietnamesischen Suppe dieser Reise. Christophs Rekord liegt, wenn ich mich richtig erinnere, bei dreimal Pho Bo am Tag.

Auch nach dem Frühstück regnet es, sogar noch kräftiger und deshalb verschieben wir unsere Pläne um ein paar Stunden und holen noch etwas Schlaf nach.

Mittags hat der Regen nachgelassen. Dicke graue Wolken hängen über dem Tal, aber es ist warm genug für eine kleine Radtour (Anm. Christoph: Räder gibt´s am Hotel, ohne Licht und kaum Bremsen. Da aber viele Roller auch ohne Licht unterwegs sind, fühlt man sich etwas weniger schlecht. Der Zustand der Bremsen hat Sandra schon laut über eine Rollertour nachdenken lassen – wer sie kennt, weiß, was das bedeutet.) Unser Ziel ist Thung Nham, eine noch recht junge Eco-Tourism-Einrichtung. Erst vor 20 Jahren wurde der Park eröffnet. Zu ihm gehören mehrere Höhlen, Reisfelder, Blumen- und Orchideen-Plantagen, Gemüseanbau und ein Vogelschutzgebiet.

Bei Nieselregen ist dort erwartungsgemäß nicht viel los, trotzdem ist den Beschäftigten extrem wichtig, alle Ticketkontrollen akribisch durchzuführen. Am ersten Tor kaufen wir die Tickets, am zweiten, wo wir unsere Räder parken, werden diese kontrolliert. Da wir dort aber ein weiteres Ticket für den Transport innerhalb des Parks erstehen, wird die Parkticketüberprüfung anschließend erneut durchgeführt. Und natürlich schaut sich auch der Fahrer das Transportticket nochmal an, bevor ein anderer es mit einer klassischen Schaffnerzange markiert. Dabei sind aber alle so freundlich und zugetan, dass das ganze Procedere zwar überflüssig, aber trotzdem nett und bemüht wirkt.

Unser erster Halt ist an der Höhle Buddhas, auch hier wird erneut das Ticket kontrolliert, dann aber geht es fix. Schwimmweste an, ab aufs Boot einer sehr resoluten älteren Frau und schon wird losgerudert in die Höhle. Nur in Sachen Ticket ist sie unzufrieden mit mir. Ich habe die beiden Papierzettel neben mich auf den Sitz gelegt, dieser Frevel ist ihr sofort aufgefallen und mit einem mehrfachen „Madame, Tiiiiiickääääät“ fordert sie mich unmissverständlich auf, die Tickets besser zu verstauen. Ich mache, was ich in solchen Gelegenheiten immer mache, ich übergebe Christoph die Tickets und damit die Verantwortung! Von wegen, auch er verstaut sie nach Meinung unserer Bootsführerin nicht sicher genug. „Madame, Tiiickääät“ – so oft, bis Christoph sie mir zurückgibt und ich sie endlich ordnungsgemäß in der Tasche verstaue. Dann ist Ruhe!

Aber nur für ein paar Minuten, denn mit Einfahrt in die Höhle nimmt die Dame erneut ihren Job sehr ernst und so hören wir in der nächsten halbe Stunde während sie uns schlafwandlerisch sicher durch die Höhle rudert, alle paar Minuten die gleichen zwei Wörter: „Madame, Foootoooo!“. Dazu leuchtet sie alles Sehenswerte kurz an, denn rundherum ist es stockduster. Lediglich ab und zu ein anderes Boot blendet uns kurz mit seinen Taschenlampen. Und das, obwohl ich zumindest zu Beginn der Tour gar keine Kamera zur Hand habe. Christoph sitzt vorne und fotografiert, fleißig und wann immer unsere Führerin es einfordert. An der Decke der flußbreiten Höhle glitzern immer wieder kristalline Formationen, sie sehen aus wie kleine scharfe Zähnchen, andere wirken wie aufgeschüttelte Bettdecken und dazwischen hängen kleine Fledermäuse schlafend an der Decke. Gestört wird die Stille nur immer wieder von „Madame Foootoooo“. Doch auch trotz dieser Kommandos sind unsere Fotos eher bescheiden, in dunklen Höhlen fotografieren ist eher etwas für Spezialisten 🙂

Die nächste Station unseres Parkrundgangs führt uns an einen großen See und so sind auch die Ruderboote etwas größer. Diesmal geht es in ein Naturschutzgebiet, in dem zahlreiche Vögel leben sollen und gerade am Nachmittag sei dort viel los, hatte uns unsere Rezeptionistin im Morgen verraten. Mit einem selfiesüchtigen sehr jungen chinesischen Paar und zwei schweigsamen Franzosen an Bord werden wir über den See gerudert.

Über uns fliegen die ersten großen Vögel. Es sind Reiher und vor allem Störche. Irgendwann geht es durch eine Enge, umgeben von hohen Felsen. Dahinter erwartet uns nicht nur ein runder weiterer See mit einer Insel in der Mitte, sondern der wirklich beeindruckende Anblick von tausenden junger Störche, verschiedener Reiherarten und Kingfisher. Die anderen Vogelarten kenne ich nicht, aber sie runden das Naturschauspiel ab.

Die Störche sitzen in Gruppen aus Jungvögeln auf den Ästen der hohen Bäume und schreien ungeduldig nach Futter. Noch nie haben wir so viele große Vögel auf so engem Raum gesehen. Und ehrlich gesagt, warum sie sich alle gerade dort zum Brüten treffen, verstehen wir nicht, sind aber sehr dankbar, das so erleben zu dürfen.

Die Reiher sind Einzelgänger, sie mischen sich nur gelegentlich auf den Bäumen mit den Störchen. Die meisten sitzen einzeln auf den Bäumen am Rand des Sees bis hoch hinauf auf die Hügel.

Irgendwann breitet sich Unruhe aus unter den Störchen und dann sehen wir die Eltern kommen. Ein Schwarm aus 60 bis 80 Altvögeln kehrt zurück von den Reisfeldern.

Dort jagen sie gemeinsam Fische für den hungrigen Nachwuchs, wie uns der sehr nette vietnamesische Guide der Franzosen verrät. Wir lernen nicht nur, dass in Reisfeldern große Fischbestände existieren, sondern auch, dass Störche in Vietnam keine Frösche essen. Über meine Frage musste der vogelkundige Guide herzhaft lachen. Ich fand sie gar nicht so doof 🙂

Beeindruckt von diesem Naturschauspiel beenden wir unseren Besuch in Thung Nham nicht, ohne nochmal in den Blumengärten vorbeizuschauen. Die gepflegte Anlage mit ihren vielen verschiedenen bunten Blüten bringt Licht und Farbe in den trüben grauen Tag, an den wir ganz sicher noch oft und gerne zurückdenken werden, auch wenn wir bis auf die Unterhose nass sind.

Weil wir bekanntermaßen Kontraste lieben, radeln wir danach ins Zentrum von Nimh Binh, machen einen kurzen Bummel über den Markt und lassen uns dann in einem der zahllosen Lokale an der Hauptstraße nieder,

um mal wieder eine leckere Kleinigkeit zu essen. Christoph überrascht mich, denn er zieht ein Bratnudelgericht mit Meeresfrüchten einer Pho vor, während ich die zweite Gemüsesuppe des Tages vertilge.

Vietnam 2024 – das geht ja gut los :-)

Wir sind mal wieder unterwegs! Diesmal geht es (wieder) nach Vietnam, Wir wollen uns im Norden umsehen und damit in dem Landesteil, der bei unserer letzten Reise etwas zu kurz kam.

Noch bevor es allerdings so richtig losgeht, werden wir erstmal in Frankfurt aus- oder zumindest abgebremst. Unser Abflug zum Zwischenziel Shanghai verzögert sich. Der Grund: Der Sitz des Piloten lässt sich nicht bewegen und muss deshalb ausgetauscht werden. 1,5 Stunden soll das Ganze dauern. Solange es nicht mehr wird, können wir entspannt bleiben, wir haben fünf Stunden um in Shanghai unseren Anschluß nach Hanoi zu erwischen.

Die Vorstellung, dass der Pilot hinter seinem Platz für einen 12 Stunden-Flug eingeklemmt sitzen muss oder mit den Füssen die Pedale nicht erreicht ist ganz lustig, aber eben nur in einer TV-Komödie, nicht im echten Leben. Also abwarten 🙂 und Ruhe bewahren.

Unsere Geduld wird nur wenig strapaziert, schon nach einer Stunde können wir abheben und Dank Rückenwind sollen wir fast pünktlich in China landen.

Unser erster kurzer Aufenthalt im Reich der Mitte ist unspektakulär. Der Flughafen von Shanghai unterscheidet sich nur wenig von anderen Flughäfen. Er ist riesengroß und – zumindest bei der ersten Ankunft – etwas undurchsichtig. Weil wir zwar eine Reise von Hamburg nach Hanoi bei der Lufthansa gebucht haben, ab Shanghai aber ein Flugzeug der Vietnam Airlines nutzen werden, müssen wir in China einreisen und unser Gepäck entgegennehmen und wieder einchecken. Ein einfacher Transitaufenthalt ist nicht erwünscht und so sammeln die chinesischen Behörden mit einem COVID-Test nicht nur die DNA jedes Ankömmlings ein, sondern auch die Fingerabdrücke aller zehn Finger. Außerdem muss man einen Einreisezettel ausfüllen, wer aber, wie wir, glaubt, der Zettel für Transitpassagiere sei der richtige, irrt, der ist nämlich nur für Transitpassagiere, die ein Visum für China benötigen. Und so füllen wir erst das falsche Formular aus und stehen an der falschen Schlange an, bis wir freundlich eines besseren belehrt und in die richtige Schlange und zu den richtigen Formularen begleitet werden. Gut, dass wir für diese Prozedur 4,5 Stunden Zeit haben. Ein deutlich engerer Zeitplan hätte uns aus der Kurve geworfen.

Als wir nach 4 Stunden Weiterflug pünktlich in Hanoi landen, ist es dunkel geworfen. Geld tauschen, Telefonkarte kaufen, dann kann es losgehen.

Ein Fahrer erwartet uns, um uns zur etwa 2,5 Stunden entfernten ersten Station unserer Reise zu bringen. Schon nach wenigen Minuten wird klar, warum es wahrscheinlich besser ist, in Vietnam nicht selbst zu fahren. Links überholen ist hier keine echte Regel, maximal ein Angebot. Alle überholen sich irgendwie, egal auf welcher Seite, gerne begleitet von ohrenbetäubender Huperei, gepaart mit hektischer Lichthupe. Ob man damit seinen eigenen Überholvorgang ankündigen, andere warnen oder vom Spurwechsel überzeugen möchte, bleibt unklar. Bis auf die besonders lautstarken Überlandbusse halten sich aber fast alle an die Geschwindigkeitsbeschränkungen.

Unser erstes Ziel ist Ninh Binh, östlich von Hanoi, gelegen mitten in einer der landschaftlich schönsten Gegenden des Landes, die Region wird mit ihrer Karstlandschaft gerne auch als „trockene Ha Long-Bucht“ bezeichnet. Ein Augenschmaus aus Kalksteinhügeln, Reisfeldern, Flüssen und zahllosen Höhlen.

Unsere Unterkunft ist ein kleines Hotel am Rand der Kleinstadt in Tam Coc, das Lalita Tam Coc Resort und Spa. Und schon die Kulisse hier gibt einen Vorgeschmack auf das was uns landschaftlich in den nächsten Tagen erwarten wird.

Neuseeland 2019 – Kein Tanz, aber zumindest ein Spaziergang auf dem Vulkan

9:30 Sicherheitseinweisung, sowohl, was das Thema „Fliegen“, als auch was das Thema „Herumspazieren auf dem Vulkan“ angeht, dann noch kurz unterschreiben, dass man für alles was passiert, natürlich niemanden in Haftung nehmen kann und wer im Notfall angerufen werden soll. Da steigt die Laune ja gleich ins Unermessliche. Aber wir sind so gespannt auf diesen Ausflug, dass uns auch all das nicht von unserem Vorhaben abbringen kann.Unser Pilot und Guide heisst Peter, er stammt aus Schottland, ist aber bereits seit seiner Kindheit in Neuseeland. Den britischen Pass hat er noch, ob er ihn nach dem Brexit auch behält, weiss er noch nicht. Jedenfalls fühlt er sich durch uns daran erinnert, dass er ihn vielleicht mal wieder verlängern lassen muss.White Island liegt etwa 50 Kilometer vor der Ostküste in der Bay of Plenty. Ist der einzige aktive Vulkan Neuseelands und der am besten erreichbare der Welt. Mit dem Hubschrauber der Marke „Airbus“ (Seit wann baut Airbus Hubschrauber??? peinlich, dass ich das als Hamburgerin nicht weiss!) sind wir nur knapp 30 Minuten unterwegs. Wir umfliegen die Insel und den Krater, dann fliegt Peter in den Krater, wo mehrere kleine Holzpodeste stehen. Eines davon nutzt er als Landeplatz . Außer uns Dreien ist im Moment niemand auf der Insel. Wir setzen unsere Bauhelme auf und bekommen eine Gasmaske umgehängt „nur für den Fall, dass die Schwefelkonzentration zu stark werden sollte“. Schluck, aber noch ist die Faszination größer als das Unbehagen. Außerdem verrät Peter uns, wo es einen Schutzraum gibt, falls etwas passieren sollte: In Küstennähe steht ein Container. Sollten wir uns im Bedrohungsfall verlieren, sei das der Anlaufpunkt. Peters Scherz, dass dort dann auch eine Hostess mit kalten Getränken und Schnittchen warten würde, wirkt befreiend. Wir lachen gemeinsam und der kurze Moment Angst ist vergessen.

Mitten in der Caldera steht die Ruine einer Fabrik. Noch bis Anfang des letzten Jahrhunderts wurde hier in einer Mine Schwefel abgebaut. Damals lebten die Minenarbeiter sogar auf der Insel. Bei einem Einsturz einer Kraterwand wurden alle Beschäftigen verschüttet und getötet, lediglich ein gelber Kater, so heisst es, habe damals das Unglück überlebt. Danach wurde die Fabrik nach einigen Jahren noch einmal aufgebaut, aber nicht mehr genutzt, da Schwefel viel billiger als Nebenprodukt der Raffinierung von Öl zu haben war.Dass die Fabrik heute dort als Ruine steht ist nicht dem Vulkan anzulasten. Ein Zyklon, der dort vor vielen Jahren über die Insel fegte, zerlegte das Gebäude und verschüttete das gesamte Erdgeschoss. Heute leben auf der Insel nur noch Tölpel. Diese großen Vögel haben hier eine ihre drei Brutkolonien in Neuseeland. Das Pulverfass auf dem sie sitzen, scheint sie nicht zu störenPeter führt uns über die Insel. Er zeigt uns die Fumerolen, aus denen das Gas und reichlich heißer stinkender Dampf entweicht. An einer Stelle macht er einen 10 Zentimeter tiefen Schlitz in den Boden und läßt uns die Hand hineinhalten. Es ist richtig heiß!! Immer wieder gibt er klare Anweisungen bei ihm zu bleiben und zu schauen, wo er hintritt. Rr kennt die Insel und weiss sehr genau, wo es gefährlich werden könnte. Nicht überall kann man gefahrlos langgehen, der Untergrund ist in manchen Bereichen instabil und unter der Oberfläche brodelt es mit Temperaturen von 600 – 800 Grad!Der Schwefel färbt nicht nur Wände und Gesteinsbrocken ein, es bildet auch Kristalle auf dem Stein, die trotz des giftig wirkenden Gelbs wirklich schön anzusehen sind. Nur einmal halten wir die Gasmaske kurz bereit, als sich der Wind dreht und die Dämpfe kräftig in unsere Richtung ziehen.Inzwischen sind zwei weitere Hubschrauber gelandet. Die beiden Grüppchern gehen aber gegen den Uhrzeigersinn durch den Krater, sodass wir uns nur einmal begegnen. Da sie direkt aus Rotorua kommen, haben sie einen längeren Anflug und halten sich deshalb auch kürzer auf der Insel auf. Glück für uns ;:-)!

Als nächstes führt uns Peter an das etwas gruselige Zentrum des Vulkans. Der heiße See lag früher in der Mitte der Kraters, durch den Einsturz der einen Aussenwand hat er sich etwas verschoben. Noch nie in in meinem Leben fand ich etwas gleichzeitig so gruselig und so faszinierend wie diesen See. Froschgrün liegt er vor uns und sieht aus, wie etwas, was Gargamel in seiner Hexerküche angerührt hat. Die ganze Wasseroberfläche dampft, aus den Seitenwänden entweicht der Schwefel.Wenn jetzt ein großes fieses Monster aus dieser brodelnden Brühe springen würde, könnte ich mich darüber nicht einmal wundern 🙂

Doch es kommt kein Monster, stattdessen setzen wir unseren Rundgang fort.Peter zeigt uns breite Spalten, die sich durch den Grund ziehen….… und einen kochend heißen kleinen Bach. Hier mischt sich das Gelb des Schwefels mit einem – im wahrsten Sinne des Wortes – rostigen Rot. Dieses Wechselspiel der Farben läßt das Bedrohliche völlig in den Hintergrund treten. es sieht einfach nur unglaublich schön aus, was die Natur hierher gezaubert hat.Vollgestopft mit einmaligen Eindrücken verlassen wir die Insel.Und so schön dieser Ausflug auch war: Die Tölpel kann ich nicht verstehen. Ausgerechnet auf Neuseelands einziger aktiver Vulkaninsel zu brüten, käme mir nicht in den Sinn, aber vielleicht haben die Vögel so weniger Arbeit, die Wärme fürs Brüten liefert vielleicht ja der Vulkan? 🙂

Zurück auf dem Festland ist Rotorua unser nächstes Ziel. In der Stadt, die gespickt ist mit heissen Quellen soll es immer nach faulen Eiern stinken, mal mehr, mal weniger. Dort wollen wir morgen auch ein paar Einkäufe erledigen. Schließlich fehlen uns noch ein paar Mitbringsel.

Wir fahren durch den Obstgarten Neuseelands. Überall werden Pflaumen, Blaubeeren, Pfirsiche, Aprikosen, Pfirsiche und natürlich Avocados und Kiwi, direkt vom Erzeuger, angeboten. Ihre Plantagen verstecken die Neuseeländer hinter gigantischen Hecken (vielleicht weil sie so windgeschützt sind, ich weiß es nicht?), die aber nicht abweisend, sondern einfach nur unglaublich gepflegt wirken.

Überhaupt fällt uns das immer wieder beeindruckt auf: Dieses ganze Land ist unglaublich sauber, und das obwohl man nicht ständig jemanden trifft, der Müll einsammelt. Ob entlang der Landstraße, in den Städten und Dörfern oder auf den Campingplätzen, fast nie liegt irgendwo Müll herum. Ich weiss nicht, wie es diesem Land gelungen ist, seine Leute zu sei viel Sauberkeit zu erziehen, aber es hat funktioniert. In dieser Beziehung können wir definitiv etwas von den Neuseeländern lernen!!

Um das Thema Sauberkeit auf die Spitze zu treiben: Uns ist aufgefallen, dass nicht mal auf den Kuhweiden richtige Fladen herumliegen. Wenn man in Deutschland auf eine Weide schaut, liegen ÜBERALL Kuhfladen. Auf den Weiden hier sieht man ab und zu mal einen, das war’s! Wie das funktioniert, ist mir ein absolutes Rätsel!:-)

Auch Rotorua ist mal wieder sehr sehr sauber. Wir haben unser Auto am See geparkt. Die Parkanlagen, durch die wir als erstes gehen, sind natürlich blitzsauber, sie sind aber – zumindest für unsere Augen – auch ungewöhnlich, denn im Zentrum des Parks sind große Boule- aber auch Crocket- und Bowlingfelder angelegt. Natürlich mit schön kurzgeschnittenem unkrautfreien Rasen.

Dass man hier nicht durch Cornwall, sondern durch Rotorua läuft, kann man, „Dank“ des Geruchs wirklich nicht vergessen. Die ganze Stadt riecht nach faulen Eiern. Wenn man erst ein paar Jahre hier lebt, soll man es angeblich nicht mehr riechen.

Mehrere Neuseeländer hatten in letzten Tagen von diesem Städtchen geschwärmt, es seit so hübsch und so lebendig. Ich weiss nicht, was wir falsch gemacht haben, aber uns hält nichts in Rotorua. Wie sagten unsere Freunde Betty und Thomas so treffend: „Nach Neuseeland fährt man wegen der Landschaft, auf die Städte kann man verzichten“. Recht hatten sie und deshalb ändern wir unsere Pläne und fahren noch heute weiter. Vor her essen wir eine kleine Pizza auf der Fressmeile Rotoruas. Ein überdachter Strassenzug mit einer Kneipe nach der nächsten. Ein junger Work&Traveller bedient uns. Er kommt aus Lüneburg und freut sich eindeutig mal wieder deutsch zu sprechen. Er kümmert sich rührend um uns und am liebsten wäre er wohl mitgefahren. Jedenfalls schwärmt er ununterbrochen vom Land in Neuseeland und hofft, wenn er hier genug verdient hat, schnell wieder losziehen zu können.

Am späten Nachmittag finden wir einen schönen Free Camping – Stellplatz kurz vor dem Örtchen Katikati, wieder am Meer und ganz beschaulich. SO lieben wir Neuseeland!